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Degrowth 2014 – Neue Perspektiven für die ökologische Wirtschaftsforschung?

Vom 2. bis 6. September 2014 fand die vierte internationale Degrowth-Konferenz in Leipzig statt, an der sich das IÖW als offizieller Partner beteiligte. Neben vielen internationalen und nationalen Expertinnen und Experten nahm ein Publikum an der Konferenz teil, das überwiegend aus der „Generation Y“ stammte. Per Live-Blogging vom IÖW-Stand auf dem Markt der Möglichkeiten ermöglichte das IÖW auch denjenigen das Geschehen zu verfolgen, die bei der mit über 3000 Teilnehmern ausgebuchten Konferenz nicht selbst vor Ort sein konnten. Auch in Zukunft wird die Diskussion über Degrowth auf dem Blog Postwachstum weitergehen.

How to sell Degrowth? – Die Rolle von Unternehmen im Postwachstum

Auf der Degrowth war das IÖW mit drei Workshops zur Rolle von Unternehmen in der und auf dem Weg in eine Postwachstumsökonomie vertreten. Jana Gebauer ging zusammen mit IÖW-Fellow Angelika Zahrnt und André Reichel der Frage nach transformativen Praktiken für eine Postwachstumsökonomie nach. Sie stellten weiterhin in zwei Workshops die Frage „How to sell Degrowth?“. Ein Thema, das auch IÖW-Fellow Frank Ebinger im Diskussionsworkshop „Unternehmen ohne Wachstum. Ein Beitrag vom BUND AK Wirtschafts- und Finanzpolitik“ aufgriff.

Unternehmen in den Postwachstumsdiskurs einbringen

„Uns ist es wichtig, beim Thema Postwachstum nicht nur über sondern auch mit den Unternehmen zu reden. Schließlich geht es bei diesem Thema genau um sie“, so IÖW-Geschäftsführer Thomas Korbun. „Unternehmen dürfen nicht nur als Objekte des Wandels, sondern müssen auch als Subjekte der Veränderung begriffen werden. In unserer Forschung zu Postwachstum legen wir hierauf ein besonderes Augenmerk, zum Beispiel in unserem derzeitigen Projekt Postwachstumspioniere“.

Degrowth in die Lehre integrieren

Mit der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung (VÖW) und dem Netzwerk n diskutierte Thomas Korbun auf der Konferenz, wie Postwachstum in die ökonomische Hochschullehre integrieren werden kann. In den letzten Jahren organisieren sich zunehmend Studierende für mehr plurale ökonomische Theorieansätze an den Hochschulen. Gemeinsam mit dem Wissenschaftsnetzwerk der VÖW und den Studierenden wurden Strategien erarbeitet, wie Degrowth in der Lehre der Hochschulen verankert werden kann. In Kürze wird aus dieser Zusammenarbeit ein Leitfaden für Studierendengruppen hervorgehen.

Neue Begriffe für alte Fragen

Als sich das IÖW Mitte der 1980er Jahre gründete, widmete es bereits seine Gründungstagung der Wachstumskritik („Auswege aus dem industriellen Wachstumsdilemma“). Von den damaligen Protagonisten findet sich zwar auf der Degrowth-Konferenz heute niemand mehr wieder, doch lesen sich die Themen noch sehr ähnlich. Schon in den 1980er Jahren wurde am IÖW diskutiert, ob durch Umweltschutz das Wirtschaftswachstum gesteigert werden könne und solle. Heute heißt die Frage: Green Growth oder Degrowth? Auch neue Formen alternativer Wohlfahrtsmessung waren bereits damals Thema. Teilweise scheint es, als habe sich in den letzten 30 Jahren lediglich das Wording geändert. Doch auch die Stimmung gegenüber der Ökonomie ist gekippt, wovon auch die ökologische Wirtschaftsforschung von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht ausgenommen wird. Es ist ein Dilemma, das eine gewisse Spannung, aber auch Hoffnung in die Konferenz bringt: Eine junge Generation an Ökonomen zweifelt, wohl nicht zuletzt aufgrund der Krisenerfahrungen, an rein marktwirtschaftlichen Lösungen der ökologischen und sozialen Krise. Doch fehlt bis heute ein ähnlich starkes alternatives Theorem.

Degrowth – Ein kollektiver Suchprozess

Degrowth kann als Suchprozess verstanden werden. Die Suche nach einer anderen Form des Wirtschaftens findet auf vielfältigen Wegen statt. Ob in Urban-Gardening-Projekten oder in Formen solidarischer Ökonomie – an vielen Orten werden praktische Erfahrungen gesammelt, die Potenzial haben, in die Theoriebildung einzufließen. Ein viel diskutiertes Thema ist die Bewertung von Ökosystemdienstleistungen, das auf der Degrowth auch als Monetarisierung der Natur kritisiert wird. Die ökologische Wirtschaftsforschung habe den Grad zwischen strategischer Inwertsetzung der Natur und dem teilweise blinden Glauben in marktwirtschaftliche Lösungen der ökologischen Krise verlassen, so die häufig zu hörende Kritik an der ökologischen Wirtschaftsforschung.

Fazit

„Es gibt Reibungspunkte zwischen ökologischer Wirtschaftsforschung und dem Postwachstumsdiskurs, doch der Austausch findet statt und scheint für beide Seiten sehr fruchtbar zu sein“, so Thomas Korbun. „Von der Degrowth-Konferenz lässt sich vieles lernen: Die Ganzheit der Ökonomie ist mehr das Wirtschaften im engeren Sinne – jenseits marktwirtschaftlicher und technischer Lösungsansätze gibt es wichtige Strategien zur gesellschaftlichen Transformation. Die ökologische Wirtschaftsforschung kann etwa dazu beitragen, dass zentrale Akteure wie Unternehmen in der Postwachstumsdiskussion mitgenommen werden und dass ökonomische Methodik über neoklassische Modelle hinausgeht."

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