2024 gab es wieder bedrohliche Wetterextreme, etwa Hitzerekorde in Indien und Hochwasser in Osteuropa und Südspanien. Die Zeit für Anpassungsmaßnahmen drängt. Seit Juli 2024 gilt in Deutschland das neue Klimaanpassungsgesetz, sodass sich Kommunen regionalspezifisch an die Klimakrise anpassen müssen. Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Ökologisches Wirtschaften“ fragt, wie diese Anpassung aussehen sollte – von der notwendigen Reichweite und Geschwindigkeit der Maßnahmen über angemessene politische Verfahren bis hin zur Finanzierung und technischen Umsetzung.
Komplexe Querschnittsaufgabe
Um die negativen Auswirkungen der Klimakrise wirksam zu mindern, müssen vielfältige Maßnahmen ineinandergreifen: Dazu gehören zum Beispiel Hitzeaktionspläne, Begrünungsmaßnahmen, Klimarisikomanagement in Unternehmen aber auch Projekte wie Hochwasserschutz oder nachhaltigeres Wassermanagement in Gewässern oder Böden.
Diese Aufgaben betreffen vielfältige Akteure auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Zudem sind die ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen solcher Maßnahmen oft noch nicht gut genug erforscht. Dr. Esther Hoffmann und Dr. Daniel Johnson fordern daher in der Einführung zum Schwerpunktthema eine integrative Herangehensweise an die Klimaanpassung.
Partizipative Klimaanpassung: Stakeholder-Wissen nutzen
Wie können Städte ihre Grünflächen besser an den Klimawandel anpassen aber trotzdem den Nutzungsansprüchen der Bewohner*innen gerecht werden? Tobias Möllney schlägt vor, multifunktional gestaltete Grünflächen als Kernbaustein kommunaler Klimaanpassung zu denken. Am Beispiel Leipzig zeigt er, dass dabei die Integration der Akteure vor Ort und ihrer Interessen sehr wichtig ist.
Dr. Esther Hoffmann und Johannes Rupp stellen den Beteiligungsprozess zur Weiterentwicklung der deutschen Anpassungsstrategie vor und beleuchten, welche Anforderungen Betroffene, Länder, Kommunen und Verbände an die Anpassungsstrategie stellen. Die Stakeholder identifizierten einige blinde Flecken im Entwurf der Bundesregierung, etwa im Cluster Gesundheit die Themen Atemwegsbeschwerden und mentales Wohlbefinden.
Räumliche und soziale Unterschiede mitdenken
Der Klimawandel wirkt sich räumlich höchst unterschiedlich auf den Wasserhaushalt aus, so Dr. Thomas Vogelpohl und Dr. Peter H. Feindt. Sie begleiteten das Projekt Climate and Water under Change – CliWaC, das das Ausmaß wasserbezogener Risiken des Klimawandels in der Region Berlin-Brandenburg untersuchte und Handlungsansätze entwickelte.
Zudem sind verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedlich stark vom Klimawandel betroffen. Julius Fischer et al. lenken den Blick auf vulnerable Gruppen. In ihrem Beitrag über eine sozial gerechte Anpassungspolitik stellen sie Empfehlungen vor, die Bürger*innen in einem Dialogforum entwickelt haben.
Finanzen und Fachkräfte bereitstellen
Doch woher kommt angesichts der angespannten Haushaltslage das Geld? Solène Dengler und Jun Rentschler stellen einen Bericht von Weltbank und Europäischer Kommission aus dem Jahr 2024 vor. Sie zeigen europäische Beispiele für die finanzielle Ausstattung der Klimaanpassung auf.
Nicht zuletzt braucht die Umsetzung von Klimaanpassung Arbeitskräfte, die entsprechend aus- und fortgebildet werden müssen, um die notwendigen Kompetenzen zu erwerben. Wie Florian Bernardt und Dr. Friederike Rausch-Berhie zeigen, betrifft dies insbesondere Berufe, in denen ohnehin bereits ein Fachkräftemangel besteht. Daher ist es wichtig, nicht nur Auszubildende, sondern auch Fachkräfte sowie Lehrkräfte in Fort- und Weiterbildungen einzubeziehen.
Außerdem in diesem Heft: „Suffizienz als strategische Option“
Wer über Klimaanpassung spricht, darf den Klimaschutz nicht verschweigen. Es lohnt sich ein Blick in die Rubrik „Neue Konzepte“: Hier gehen Dr. Rudi Kurz und Prof. Dr. Angelika Zahrnt auf das Diskussionspapier „Strategie des Genug“ ein, das der Sachverständigenrat für Umweltfragen SRU 2024 vorgelegt hat. Wie gelingt die praktische Umsetzung von Suffizienz sowohl in Projekten als auch in politischen Rahmenbedingungen?
Weitere Themen in diesem Heft sind die Mobilitäts- und Ernährungswende und die Kreislaufwirtschaft.
Zur Online-Ausgabe von Ökologisches Wirtschaften 4/2024
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Leseprobe:
Neu im freien Online-Zugang: Ausgabe 4/2023 – Klimawandel und Biodiversität
Klimawandel und Biodiversitätsverlust: Zwei komplexe, miteinander verschränkte Krisen, die sich spürbar zuspitzen. 2023 waren die Monate Juli bis August weltweit so heiß wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Gleichzeitig liegt die Rate des Artensterbens hundertmal höher als der Durchschnitt der letzten zehn Millionen Jahre. Diese Ausgabe der Zeitschrift „Ökologisches Wirtschaften“ zeigt, warum sich beide Krisen nur gemeinsam lösen lassen. Bislang werden Klima- und Biodiversitätsschutz weitgehend in getrennten politischen Domänen behandelt, wie Dr. Alexandra Dehnhardt und Josef Settele in der Einleitung zum Schwerpunkt kritisieren. Das Heft zeigt Synergie- und Konfliktpotenziale sowie aktuelle politische Entwicklungen auf.