Um klimaneutral zu werden, müssen die Länder Berlin und Brandenburg in der Metropolregion eng zusammenarbeiten. Von Regionalstrom und Flexibilität über Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie bis hin zur Ernährungswende sollten beide Länder ihre strukturellen Unterschiede und Vorzüge zum gemeinsamen Vorteil nutzen und auch infrastrukturelle Synergien schaffen, etwa in den Bereichen Energie, Wohnen, Verkehr, Digitalisierung oder Wasser. Dieses Fazit zog IÖW-Forschungsfeldleiter Professor Bernd Hirschl als geladener Experte in der Anhörung „Klimakrise und Klimazukunft: Szenarien für die Region Berlin-Brandenburg“ im Umwelt- und Klimaschutzausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am 10. Oktober 2024. Die Anhörung kann in der Mediathek angeschaut werden (zum Video).
Unter dem Titel „Klimaschutz in Berlin und Brandenburg – Synergie- und Kooperationspotenziale in der Metropolregion“ präsentierte Hirschl Klimaschutzszenarien, die die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern hervorheben, etwa durch gemeinsame Landesplanung. Die von Hirschl gemeinsam mit Co-Autor*innen in der Studie „Berlin Paris-konform machen“ erarbeiteten Langfristszenarien bieten eine wichtige Orientierung für Politik und Wirtschaft und legten die Grundlage für das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm. Das ebenfalls von Hirschl geleitete Gutachten zum Brandenburger Klimaplan liefert ein Szenario, welches Basis für die derzeit geltenden Treibhausgasreduktions- und Sektorziele des Landes ist. Beide Szenarien sind somit bereits in die politische Planung fest eingebettet – und in beiden haben die Gutachter:innen das jeweilige andere Bundesland mit berücksichtigt.
Bernd Hirschl: „Technologische Lösungen liegen bereits vor“
Hirschl zeigte, dass der Primärenergieverbrauch im Berliner Langfristszenario deutlich sinken muss und sich die Energiequellen bis 2050 weg von Mineralöl und Gas auf viele verschiedene Träger verteilen werden. Hierfür wird auf bereits vorhandene Technologien gesetzt: „Die Zukunft wird geprägt sein von technologischen Lösungen, die wir heute weitgehend schon kennen“, so Hirschl. Für die Energiewende hebt er die wichtige Rolle der Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern hervor, beispielsweise bei der Geothermie und Abwärmenutzung, der Wasserstoffproduktion und einer Carbon-Management-Strategie. Hirschl fordert darüber hinaus bundesweite Rahmenbedingungen, die regionale Lösungen und Geschäftsmodelle stärker ermöglichen, beispielsweise rund um das Thema Energy Sharing, aber auch eine gemeinsame Wärmeplanung in der Grenzregion.
Flächendruck senken durch regionale pflanzenbasierte Ernährung
Beide Bundesländer planen Klimaneutralität bis 2045. Da aber auch die Berliner Nachfrage für Restemissionen in Industrie und Landwirtschaft in Brandenburg sorgt, ist eine gemeinsame Reduktionsstrategie notwendig. Hirschl betont, dass eine geringere Fleischnachfrage hierfür ein einfacher Schlüssel sein kann: „Mit jedem Prozent weniger an Fleischnachfrage werden Flächen gewonnen, die für ganz viele Anwendungsbereiche zur Verfügung stehen“, so Hirschl. Die Etablierung einer regionalen, biologischen und pflanzenbasierten Ernährung könne helfen, Flächen für nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien zu gewinnen. Auch die Wiedervernässung von Moorflächen könne so leichter umgesetzt werden.
Die Diskussion mit den Abgeordneten drehte sich vor allem um die Frage, wie der Transformationsprozess eingeleitet werden soll. Dabei betont Hirschl, dass erneuerbare Energien zwar bereits 56 Prozent vom bundesweiten Stromnetz decken, der Transformationsprozess jedoch zu langsam voranschreite, teils durch Krisen bedingt. Trotzdem sei viel in Bewegung gekommen: „In dieser Legislatur ist so viel angeschoben worden wie noch nie zuvor in Sachen Energiewende und Klimaschutz. Und das wird Wirkung zeigen“, so Hirschl. Entscheidend sei nun eine schnelle politische Umsetzung auch in beiden Bundesländern, da die Technik vorhanden und wirtschaftlich umsetzbar sei. Wichtig sei außerdem, den Fokus auf eine gerechte Verteilung von Kosten, Belastungen und Nutzen zu setzen, um mehr Akzeptanz und Eigeninitiative zu erhalten.
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