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Ländlicher Raum: Mehr als nur Rohstofflieferant?

Bild: Tante Tati/pixabay

Mit den Plänen der Bundesregierung zur Bioökonomie dürften sich die stoffliche und die kombinierte stoffliche und energetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe künftig stärker als bisher etablieren. Wie können sich Landwirte und der ländliche Raum an diesem Prozess über die Rolle des reinen Rohstofflieferanten hinaus aktiv beteiligen? Das wollen das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung und das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) in dem jetzt startenden Projekt „Potenzialfelder einer ländlichen Bioökonomie“ herausfinden, indem sie mögliche Wertschöpfungsketten vergleichen und Empfehlungen ableiten.

Die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe spielt für die Landwirte hierzulande noch keine große Rolle: Weniger als 0,3 Mio. von insgesamt rund 2,5 Mio. Hektar der Anbaufläche von nachwachsenden Rohstoffen dienten 2015 der stofflichen Nutzung. Die biomasseverarbeitende Industrie importiert viele ihrer Rohstoffe aus dem Ausland. Dabei könnten Anbau und vor allem auch Weiterverarbeitung von Stärke, Ölen, Zucker oder Fasern dem ländlichen Raum zugutekommen. Biogasanlagen, Biomasse-Heizwerke oder auch Sägewerke bringen schon jetzt Arbeit und Wertschöpfung auf die Dörfer, warum sollte dies nicht auch für die stoffliche Verwertung von landwirtschaftlicher Biomasse gelten?

Zukunftsfähig ohne fossile Rohstoffe wirtschaften

Die Begriffe Bioökonomie, Biobasierte Wirtschaft oder Green Economy beschreiben ein zukunftsfähiges Wirtschaften, das weitgehend ohne fossile Rohstoffe auskommt und biologische und nachwachsende Ressourcen mittels moderner Verfahren nutzt. Die Bundesregierung favorisiert in ihrer Bioökonomiestrategie nachhaltige Nutzungspfade mit hoher Wertschöpfung, möglichst unter Realisierung der Koppel- und Kaskadennutzung von Biomasse. Bei der Koppelnutzung werden alle anfallenden Stoffströme über verschiedene Verfahren möglichst vollständig genutzt. In der Kaskadennutzung hat die stoffliche Nutzung Vorrang; die energetische erfolgt erst am Produktlebensende.

IÖW und IfaS wollen in dem im April 2016 begonnenen Projekt, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe gefördert wird, zunächst die Verwertungspfade und Anwendungsbereiche identifizieren, die für die Erreichung dieser Ziele von Bedeutung sind. Dabei sind auch Ansätze aus Forschung und Entwicklung und erste Praxiserfahrungen im In- und Ausland interessant. In einem zweiten Schritt analysieren die Forscher diese Optionen hinsichtlich ihres Entwicklungsstandes und ihrer technischen, ökonomischen (betriebswirtschaftlich und regionalökonomisch) und ökologischen Effekte. Auch eine Einschätzung der potenziellen Nutzungskonkurrenzen und des Anpassungsbedarfs politischer Rahmenbedingungen gehört zum Arbeitsumfang. Zum Projektende wollen die Forscher so schließlich vielversprechende Bioökonomie-Ansätze für den ländlichen Raum benennen und Politik sowie regionalen Akteuren damit eine wertvolle Orientierung geben können.

Ist der Betrieb von komplexen High-Tech-Bioraffinerien im ländlichen Raum machbar?

Idealtypisch ist das Konzept der Koppelnutzung nachwachsender Rohstoffe in Bioraffinerien realisiert, die Biomasse über parallele Verfahren abfallfrei in verschiedene Stoffe und Energie umwandeln. Integrierte Bioraffinerien sind jedoch komplexe High-Tech-Anlagen, ist ihr Betrieb im ländlichen Raum tatsächlich machbar? Auch hierauf wird die Studie Antworten geben. Erste Ansätze ländlicher Bioraffinerien existieren zum Beispiel mit Anlagen, die aus Grassilage u. a. Fasern für Kunststoffe, Proteine für Futtermittel, Nährstoffe für Düngemittel und über die Vergärung Energie gewinnen.

Das IÖW hat bereits 2010 ein Modell zur Ermittlung von Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten durch erneuerbare Energien auf kommunaler Ebene entwickelt. Mittlerweile umfasst dieses WeBEE-Modell über 50 Wertschöpfungsketten. Mit dem „Online-Wertschöpfungsrechner“, der vom IÖW in Zusammenarbeit mit der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) entwickelt wurde, steht allen Interessierten ein Instrument zur Durchführung eigener, vereinfachter Berechnungen zur Verfügung. Das modular aufgebaute WeBEE-Modell wird nun im Rahmen des Projektes um weitere (Teil-)Wertschöpfungsketten ergänzt, insbesondere im Bereich der stofflichen und kombinierten stofflichen und energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe.

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Mehr Informationen zum Projekt „Potenzialfelder einer ländlichen Bioökonomie“ 

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