Wenn Bürger*innen einen Gemeinschaftsgarten aufbauen und betreiben wollen, müssen sie einige Hürden nehmen: Freiflächen sind in Städten umkämpft und die Kommunikation mit der Verwaltung verläuft oft zäh. Städte sollten Garteninitiativen besser unterstützen, empfehlen Forschende vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Im Projekt „GartenLeistungen“ zeigen sie, dass urbane Gärten für die Stadtgesellschaft sozial und ökologisch viel wert sind. Ihr Wert wäre noch größer, wenn Kommunen bessere Bedingungen schaffen würden – etwa feste Ansprechpersonen, Flächenpools und Förderprogramme. In einem Impulspapier stellt das IÖW Empfehlungen des Projekts vor, das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird.
Allein in Berlin gibt es über hundert Gemeinschaftsgärten, die zusammen jährlich rund 740 Tonnen Lebensmittel ernten. Das Prinzip: In solchen Gärten schließen sich Menschen zusammen, um miteinander zu gärtnern, voneinander zu lernen und eine lebenswerte Nachbarschaft zu gestalten. Viele dieser grünen Oasen sind für Besucher*innen geöffnet, bieten kulturelle Events und Umweltbildung an.
„Die größte Stärke dieser Orte liegt darin, dass sie mitten in der Stadt Erholung, Naturerfahrung und soziale Begegnung ermöglichen“, erklärt Projektleiter Malte Welling vom IÖW. Der Umweltökonom hat mit seinem Team erforscht, welchen Nutzen unterschiedliche Grünflächen für Städte erbringen. „Ein großer Park speichert zwar deutlich mehr CO2 und Regenwasser als ein kleiner Gemeinschaftsgarten, aber der soziale und kulturelle Wert dieser Begegnungsorte ist bedeutend für ihre Stadtviertel“, betont Welling.
Bevölkerung wünscht sich mehr urbane Gärten
Zwei von zehn Stadtbewohner*innen besuchen bereits regelmäßig Gemeinschaftsgärten, 73 Prozent fänden neue Gemeinschaftsgärten in ihrer Nähe positiv. Das ergab eine repräsentative Befragung des IÖW mit 3.100 Teilnehmenden in Berlin, Frankfurt a. M., Leipzig und Stuttgart.
Die Umfrage ermittelte auch, wie viel den Befragten urbane Gärten in Euro wert sind. Dabei wurden unterschiedliche Eigenschaften von Gärten untersucht, etwa eine naturnahe Gestaltung oder kulturelle Angebote. Ein Beispiel: Auf über 1,5 Millionen Euro schätzen die Forschenden den Wert, den der Himmelbeet-Garten in Berlin jährlich für die Nachbarschaft erbringt. Die Umfrage fand im Jahr 2023 statt. Um das Potenzial der Gärten noch besser auszuschöpfen, können Kommunen Hürden abbauen, so die Forschenden. Und sie zeigen, wie einige Städte bereits mit gutem Beispiel vorangehen.
Gärtnern auf dem Sportplatz und neben dem Bürgeramt?
Ein Hauptproblem beim urbanen Gärtnern sind die knappen Flächen in Innenstädten. Die Gärten erhalten häufig nur die Erlaubnis zur Zwischennutzung, was langfristige Planungen und Investitionen hemmt. Für Gärten, die umziehen müssen oder die sich neu gründen, wird die Suche nach Standorten derweil immer schwieriger.
In Karlsruhe, Dresden und Recklinghausen gibt es deshalb bereits Flächenpools. Darin vermerkt die Stadtverwaltung potenzielle Standorte für künftige Gartenprojekte, etwa Brachland oder ungenutzte öffentliche Flächen.
Vielversprechend ist zudem eine multifunktionale Flächennutzung, erklärt Projektleiter Welling: „Sport-, Spiel- oder Parkplätze und auslaufende Friedhofsflächen könnten mit urbanen Gärten kombiniert werden. Auch rund um Verwaltungsgebäude, Schulen oder kulturelle Einrichtungen finden sich oft kleinere Freiräume, die zum Gärtnern freigegeben werden könnten.“
Maßgeschneiderte Fördertöpfe
Gemeinschaftsgärten sind oft auf Spenden angewiesen, um ihre Ideen umzusetzen – sei es ein Sommerfest, ein Regenwassertank, ein Workshop zum Thema Wurmkompost oder die Reparatur des Gartencafés. Einige Kommunen bieten neuen Gärten finanzielle Starthilfe, um Erde, Geräte oder Saatgut zu kaufen. Das Stuttgarter Förderprogramm Urbane Gärten ist ein Beispiel, das nicht nur neue, sondern auch bestehende Gärten unterstützt. „Fördergelder sollten auch für Umweltbildung und kulturelle Angebote vergeben werden, denn sie sind für den gesellschaftlichen Wert der Gärten entscheidend“, empfiehlt Welling.
Kommunikation auf Augenhöhe
Die Ehrenamtlichen bringen viel Freizeit in ihr Gartenprojekt ein. Absprachen mit der Stadtverwaltung sollten daher möglichst schnell und niedrigschwellig laufen. Stuttgart, Dortmund und Berlin arbeiten bereits daran, eine Kooperation auf Augenhöhe zu ermöglichen: Statt komplizierten und wechselnden Zuständigkeiten gibt es dort eine feste Ansprechperson für urbane Gärten.
Die Forschenden raten Städten außerdem dazu, Gemeinschaftsgärten strategisch in der Stadtentwicklung mitzudenken, etwa durch ein Konzept oder Programm. Das Land Berlin hat in den letzten Jahren unter Mitwirkung von Garteninitiativen ein solches Gemeinschaftsgarten-Programm erarbeitet. In dem partizipativen Prozess konnten Garteninitiativen ihre Verbesserungswünsche einbringen – damit ihre Arbeit künftig noch mehr Früchte für die Stadtgesellschaft trägt.
Über das Projekt
Das Forschungsprojekt GartenLeistungen II untersucht den Wert öffentlich zugänglicher Grünflächen für gesunde, klimarobuste, lebenswerte und ressourceneffiziente Städte. Ziel ist es, diese Leistungen in der Stadtplanung und -politik stärker sichtbar zu machen. Projektpartner sind neben dem IÖW die Technische Universität Berlin, das Himmelbeet und das Amt für Stadtplanung und Wohnen in Stuttgart. Assoziierte Partner sind das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin, die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, das Grünflächenamt in Frankfurt am Main, das Amt für Stadtgrün und Gewässer in Leipzig, der Verein Stadtbelebung e.V., die Anstiftung, Grün Berlin GmbH und die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz (GALK e.V.).
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Förderschwerpunkt „Ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft (RES:Z)“ gefördert.
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