Fachliche Ansprechperson:
Ulrich Petschow
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Pressekontakt:
Richard Harnisch
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
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► Berliner Tagung diskutierte, ob Makerspaces, FabLabs und RepairCafés die Güterproduktion revolutionieren
► Fab City: eine Vision für Berlin?
Berlin, 8. März 2017 – Do-It-Yourself! Immer mehr Kreativköpfe, Bastler und Querdenkerinnen folgen diesem Motto und entwickeln es weiter zu einem „Do-It-Together“: Sie nennen sich „Maker“ und experimentieren und produzieren in sogenannten offenen Werkstätten wie FabLabs, Makerspaces oder RepairCafés mit dezentralen Produktionstechnologien, vom traditionellen Handwerk bis zu innovativem 3D-Druck. Ob diese aufkommende Kultur des gemeinsamen Produzierens, die sich zwischen Hobby und kommerzieller Verwertung bewegt, die Güterproduktion revolutionieren kann, diskutierten vergangene Woche in Berlin rund 80 Teilnehmende auf der Tagung „Die transformative Kraft der Maker“. Während manche einen globalen Trend erwarten, der das Potenzial hat, dezentrale und nachhaltigere Produktionsweisen umfassend voranzubringen, sehen andere eine begrenztere Reichweite dieser Bewegung und eher die Tendenz, dass diese Entwicklungen vom Unternehmenssektor einverleibt werden.
Zu der Tagung eingeladen hatte das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), das im vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt „Commons-based Peer Production in Offenen Werkstätten“ (COWERK) gemeinsam mit Partnern untersucht, wie Praxisakteure neue technologische Möglichkeiten für dezentrale und gemeinschaftsbasierte Produktion nutzen und wie sich dies aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung auswirkt.
„Fakt ist, dass die Makerszene in Deutschland an Fahrt gewinnt. An immer mehr Orten gibt es lokale Initiativen“, sagte IÖW-Wissenschaftler Ulrich Petschow. Auch Universitäten, Unternehmen und Wirtschaftsförderer werden darauf aufmerksam und erkennen darin ein Potenzial für neue offene Innovationsformen und -prozesse. „Gemeinschaftliche Innovation und Dezentralisierung der Produktion haben das Potenzial, Wirtschaft und Gesellschaft zu verändern. Entscheidend ist nun, dass die neuen Produktions- und übergreifenden Kooperationsformen systematisch (weiter-)entwickelt werden. Dazu ist es erforderlich, dass die unterschiedlichen Akteure sich stärker vernetzen und damit eine dynamische Entwicklung befördert wird. Zugleich ist es höchst relevant, dass die Potenziale nachhaltigen Wirtschaftens systematisch erschlossen werden“, so Petschow.
Fab City – Neues Paradigma für die lokale Wirtschaft?
Dinge, die in gemeinschaftsbasierten Werkstätten in der Makerszene hergestellt werden, ahmten allerdings bislang noch zu oft die immanenten Werte der dominanten technischen Kulturen nach, betonte Christopher Csikszentmihályi, Forscher am Madeira Interactive Technologies Institute. Um das transformative Potenzial auszuschöpfen, komme es darauf an, eine neue materielle Kultur zu etablieren, die die bestehenden sozio-technischen Strukturen kritisch reflektiert und neue, im besten Falle nachhaltigere Pfade eröffnet.
Eine Initiative, die Nachhaltigkeitsziele voranbringen will, ist „Fab City“. Das weltweite Projekt entwickelt Ideen für Städte, die lokal produzieren und sich selbst versorgen. Indem es Städte global vernetzt, will es dazu beitragen, dass die Städte voneinander lernen. „Lokale, kundenspezifische Herstellung von Produkten wird die konventionelle Produktion in der Zukunft immer weiter verdrängen“, zeigte sich der Stadtforscher Tomas Diez vom FabLab Barcelona auf der Berliner Tagung überzeugt. „Der Aufbau einer neuen Wirtschaftsstruktur in der Stadt, in der materielle Güter lokal erzeugt und die dafür notwendigen Informationen und Daten global ausgetauscht werden, schafft erhebliche ökologische Potenziale. Indem Konsumenten zu Ko-Produzenten werden, können sich zudem vielfältige soziale und ökonomische Chancen ergeben“, so Diez weiter. Auch Berlin könnte bald zur Fab City werden: „Berlin sollte das Potenzial seiner regen Gründerszene stärker dafür nutzen, um die Stadtentwicklung intelligent, nachhaltig und partizipativ zu gestalten.“
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Über das Projekt:
Die Konferenz fand im Rahmen des Projekts „Commons-based Peer Production in Offenen Werkstätten“ (COWERK) statt und wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung gefördert. Der Forschungsverbund untersucht am Beispiel offener Werkstätten, wie sich in der Produktion kollaborative Wirtschaftsformen herausbilden. Das Projekt analysiert, wie Praxisakteure sich neue technologische Möglichkeiten im Kontext dezentraler und gemeinschaftsbasierter Produktion aneignen und wie sich dies aus Sicht einer nachhaltigen Entwicklung auswirkt. Neben dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, das die Projektleitung innehat, sind daran die Fraunhofer Institute UMSICHT und ISI, sowie die Universität Bremen und der Verbund Offener Werkstätten beteiligt. www.cowerk.org