In Wissenschaft und Politik besteht in Deutschland ein weitgehender Konsens darüber, dass die planetaren Grenzen eingehalten werden müssen. Doch zeigen praktisch alle ökologischen Indikatoren in eine gegenteilige Richtung. Mit dem bisherigen BIP-Wachstum ging ein Ressourcenverbrauch einher, der mit den planetaren Leitplanken nicht verträglich ist. Die Umweltpolitik war bislang nicht in der Lage, den Ressourcenverbrauch vom wirtschaftlichen Wachstum hinreichend zu entkoppeln. Im Zuge der stärkeren Digitalisierung der Wirtschaft durch Industrie 4.0, das Internet der Dinge oder künstliche Intelligenz entstanden neue Hoffnungen, den Umweltverbrauch radikal zu reduzieren. Diese Prozesse haben in der Vergangenheit jedoch noch keine weitreichenden Früchte getragen. Effizienzsteigerungen konnten – zumindest bisher – den Ressourcenverbrauch nicht soweit reduzieren, wie dies aus Ressourcenschutzsicht erforderlich wäre.
Wie Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik wirkungsvoll gegensteuern können und welche Antworten auf die Wachstumsfrage zu geben sind, wird kontrovers diskutiert. Die eine Seite betont, dass stetiges Wirtschaftswachstum eine Bedingung sei für den Erhalt gesellschaftlichen Wohlstands und eine umfassende Minderung der Umweltbelastungen; die andere Seite sieht weiteres Wachstum als Problem, das Umweltbelastungen bewirkt und beschleunigt. In politischen Debatten gilt eine Stagnation oder Schrumpfung der mit dem Bruttoinlandprodukt (BIP) gemessenen Wirtschaftsleistung infolge einer weitreichenden Umweltpolitik als nicht tolerabel. Ausbleibendes Wirtschaftswachstum gefährde die Stabilität wichtiger gesellschaftlicher Systeme wie der Renten- und Krankenversicherung sowie die Erfolge am Arbeitsmarkt. Aus Sicht der Position des Postwachstums gibt es hingegen gute Gründe dafür, gesellschaftliche Institutionen so zu transformieren, dass sie ihre Leistungen möglichst unabhängig(er) von der Wirtschaftsleistung erbringen können.
Im Zuge der Überarbeitung des Deutschen Ressourceneffizienzprogramms hat das Umweltbundesamt die Projektpartner beauftragt, den breit gefächerten ökonomischen Diskurs um (Post-)Wachstum mit Blick auf die Relevanz für eine Nachhaltigkeitspolitik systematisch zu analysieren. Ziel ist es, eine übergreifende öffentliche Diskussion zu dem Thema zu unterstützen – auch vor dem Hintergrund, da Umweltpolitik vielfach unter Wachstumsvorbehalt gestellt wird. Das Projekt analysiert innerhalb der unterschiedlichen Stränge der Debatten um (Post-)Wachstum explorativ mögliche Ansätze und Instrumente mit Blick auf Ressourcenschonung.
In diesem Rahmen veröffentlichten die Forscher/innen im November 2018 den Bericht „Gesellschaftliches Wohlergehen innerhalb planetarer Grenzen: Der Ansatz einer vorsorgeorientierten Postwachstumsposition“.