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Potenziale von neuen Technologien, dezentraler und personalisierter Produktion vor dem Hintergrund des Leitbildes kohlenstoffarmer Wirtschaft

Für das Ziel einer „großen Transformation“ muss die Frage nach den Produktionsformen der Zukunft neu gestellt werden, da sich aus technologischen und organisationalen Innovationen auf der einen sowie sich verändernden sozialen, ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen auf der anderen Seite neue Produktionsanforderungen und -möglichkeiten ergeben. Rückblickend waren diese mittel- bis langfristigen Entwicklungen für solche Unternehmen, die diese Wandelprozesse nicht rechtzeitig wahrgenommen und sich nicht entsprechend angepasst haben, entscheidend, da sie insbesondere die technischen Dynamiken und deren Wirkungen auf die Produktionsstrukturen nicht frühzeitig aufgreifen konnten und damit letztlich vorm Markt verschwanden. Das Produktionssystem kann sich wandeln, doch die Dynamik des Wandels kann durch das bestehende Regime verdeckt werden.

Gegenwärtig sind, vor allem im Zusammenhang mit neuen Kommunikations- und Informationstechnologien, Dezentralisierungstendenzen im Produktionssystem auszumachen, die sowohl eine Neuordnung der räumlichen Verteilung der Produktion implizieren als auch den Kreis der Akteure erweitern, die als Teil der Wertschöpfungskette Einfluss auf Produktionsprozesse nehmen können. Damit wird das Produktionsregime der zentralen Massenproduktion infrage gestellt. Im Sinne einer konzeptionellen und empirischen Auslotung des Zukunftsfelds „ProduzierenKonsumieren 2.0“ ist das IÖW daher den Fragen nachgegangen,

  • welche Pfade einer Dezentralisierung und Personalisierung der Produktion sich gegenwärtig abzeichnen,
  • welchen sozialen, ökonomischen, und technologischen Bedingungen diese Pfade unterliegen und
  • wie dezentrale und personalisierte Produktionsformen so gestaltet werden können, dass sie einen Beitrag zur Transformation in Richtung nachhaltiger Entwicklung leisten können.

In der Gesamtschau zeigte die Studie, dass neue Technologien dem bisherigen System von Massenproduktion und Massenkonsum Alternativen entgegensetzen, die in vielerlei Hinsicht Anknüpfungspunkte für zukunftsfähigere Formen von Produktion und Konsum bieten. Doch haben unsere Untersuchungen auch ergeben, dass allzu euphorische Visionen einer Dezentralisierung der Produktion mit Vorsicht zu genießen sind. Bereits im digitalen Raum sind Spannungsverhältnisse von dezentraler Dynamik und (Re-)Zentralisierung auszumachen. Diese Spannungen könnten sich durchaus reproduzieren, wenn sich dezentrale Peer Production nun auch zunehmend im stofflichen Produktionsbereich etablieren sollte. Ob und in welcher Form dies geschehen wird, ist zudem noch nicht ausgemacht. Zwar ist zu beobachten, dass der Markt für 3D-Drucker wächst und digitale Vorlagen für eine Vielzahl von Produkten im Netz verfügbar sind. Die Vielfalt und Qualität der Materialen ist aber insbesondere im nicht-professionellen Kontext noch sehr begrenzt.

Darüber hinaus sind die ökonomischen Potentiale einer dezentralen Produktion unsicher, da der Online-Kauf von Produkten die Möglichkeit einer schnellen, zuverlässigen und individuellen Bedürfnisbefriedigung bietet, mit denen lokale, dezentrale Produktionsformen nur schwer konkurrieren können – insbesondere angesichts der Möglichkeiten, die das Internet heute an Auswahlmöglichkeiten und Gestaltungsoptionen bietet. Eine garantierte Nachhaltigkeit dezentral gefertigter Produkte wäre aus Kundensicht ein wichtiges Akzeptanzkriterium, das für den Erfolg dezentraler Produktionskonzepte entscheidend sein könnte. Doch sind die ökologischen Vorzüge dezentraler Produktion bislang nicht so eindeutig wie in den Visionen dargestellt und müssen für die verschiedenen Fertigungsverfahren differenziert bewertet werden.

Eine quasi automatische Ausrichtung dezentraler und personalisierter Produktionspfade auf das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung ist nicht zu erwarten: Die Potenziale existieren, ihre Realisierung hängt allerdings in starkem Maße vom Einsatz politischer Gestaltungsoptionen ab, die am Ende der Studie skizziert werden. Um Dezentralisierung und Personalisierung nachhaltig zu gestalten, wird es zukünftig darauf ankommen, neue Fertigungsweisen mit sozialen Innovationen im Kontext einer kollaborativen Ökonomie zu verbinden. Dabei gilt es zugleich die Potentiale hybrider Formen auszunutzen, in denen Unternehmen und Nutzer/innen miteinander in Interaktion treten. Hier zeichnet sich Handlungsbedarf für eine Wirtschaftsförderung ab, die sich bislang in Deutschland noch kaum auf den emergierenden Produktionspfad unter den Vorzeichen kollaborativ-dezentraler Koordination eingestellt hat.

IÖW-Projektteam

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