Eine rohstoffeffiziente Wirtschaft, die auf erneuerbaren Ressourcen beruht und weniger oder gar keine fossilen Rohstoffe mehr einsetzt – so lautet das Ziel der „Nationalen Politikstrategie Bioökonomie“, mit dem die Bundesregierung zur Lösung globaler Herausforderungen beitragen will. Unter Beachtung des Vorrangs der Ernährungssicherung sollen nachwachsende Rohstoffe auch für Industrie und die Erzeugung von Energie Ausgangssubstrate liefern, so der strategische Leitgedanke. Davon kann auch die heimische Wirtschaft profitieren, wenn solche Nutzungspfade eingeschlagen werden, die ein höheres Wertschöpfungspotenzial versprechen. Folgt man der „Nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie 2030“, so können auf dem Weg zu einer biobasierten Wirtschaft eine Vielfalt an Innovationen geschaffen werden.
Handlungsspielräume für den ländlichen Raum
Der ländliche Raum sollte bei der zukünftigen Ausgestaltung der Bioökonomie eine besondere Rolle einnehmen. In einer zunehmend biobasierten Wirtschaft kann dieser mehr sein als nur Rohstofflieferant für (industrielle) Bioökonomie-Konzepte. Dezentrale Bioökonomieansätze, die einen Großteil der Wertschöpfungsstufen und -schritte innerhalb der Region realisieren, können den ländlichen Raum über positive Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte stärken. Doch welche Optionen für eine ländliche Bioökonomie gibt es und wie sind diese ökonomisch und ökologisch zu bewerten? Diese Fragen stehen im Zentrum des Verbundvorhabens „Potenzialfelder einer ländlichen Bioökonomie“.
Das Projekt zielt darauf ab, Potenzialfelder einer ländlichen Bioökonomie aufzuzeigen und so die Grundlagen für regionale Bioökonomiekonzepte und innovative Geschäftsmodelle im ländlichen Raum zu legen. In einem ersten Schritt werden zunächst mögliche Ansätze für eine regionale, im ländlichen Raum ansässige, stofflich-energetische Verwertung von Biomassen identifiziert. Hierfür werden Rohstoff- und Flächenpotenziale erfasst, Marktanalysen für ausgewählte Produkte und Produktgruppen durchgeführt sowie der politisch-rechtliche Rahmen analysiert. Für ausgewählte Anwendungsbereiche und Verwertungspfade erfolgt in einem weiteren Schritt eine Untersuchung der Technologien, notwendigen Infrastrukturen und Stoffströme. Dabei werden unterschiedliche Verfahren der gekoppelten und stufenweise aufgebauten, kaskadenartigen Nutzung von Biomasse berücksichtigt. Interessant ist vor allem die Verwertung von Biomasse, die wie etwa Gras bisher kaum höherwertig genutzt wird, sowie die Nutzung von Neben- und Reststoffen (wie Stroh oder Gärresten). Gleiches gilt für Produkte, für die es eine regionale Nachfrage oder Verarbeitungskapazitäten gibt, wie beispielsweise Düngemittel und Nährstoffe sowie Bau- und Dämmstoffe.
Regionalökonomische und ökologische Effekte von Bioökonomieansätzen
Für die identifizierten Potenzialfelder einer ländlichen Bioökonomie wird eine ökonomische Bewertung durchgeführt. Für ausgewählte Verwertungspfade erfolgt eine Analyse der Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten im ländlichen Raum. Ebenso werden mögliche Umweltwirkungen untersucht. Welche möglichen regionalökonomischen und ökologischen Effekte mit einzelnen Bioökonomieansätzen einhergehen, wird für beispielhafte Regionen oder Projekte berechnet. Eine szenarienbasierte Hochrechnung veranschaulicht die Effekte für ganz Deutschland. Weiterhin werden zum Ende des Vorhabens Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung von „Pionier“-Aktivitäten für die Praxis erarbeitet und Empfehlungen für die Gestaltung des politisch-rechtlichen Rahmens formuliert.
Methodischer Zugang der Projektarbeiten
Die ökonomische Bewertung der Wertschöpfungsketten erfolgt auf Grundlage des vom IÖW entwickelten Modells zur Ermittlung von Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten von Erneuerbaren Energien (WEBEE-Modell). Dieses wird im Projektverlauf weiterentwickelt und um zusätzliche stofflich-energetische Wertschöpfungsketten erweitert. Für die Ökobilanzierung der ausgewählten Wertschöpfungsketten wird die Software SimaPro eingesetzt. Über Befragungen und Workshops werden zudem Expert/innen aus Wissenschaft und Praxis in das Projekt eingebunden.