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Die Schnittstelle von Politik und organisierter Zivilgesellschaft Neukonfiguration erforderlich

In der vielfach festgestellten Polykrise muss Politik in neuer Frequenz und Parallelität auf kurzfristige Krisendynamiken reagieren und gleichzeitig langfristige Transformationserfordernisse adressieren. Daraus entsteht eine doppelte Herausforderung: Einerseits ergeben sich neue Anforderungen an die Qualität und Reichweite politischer Entscheidungen, wobei es wesentlich ist, breite gesellschaftliche Zustimmung oder mindestens Akzeptanz zu organisieren. Neben Fragen der Umsetzung wird es zunehmend auch um Richtungsentscheidungen und Werturteile gehen – darum, wie Zumutungen gerecht verteilt werden und in welchem Maße Eingriffe in die individuelle Lebensgestaltung zulässig sind. Gleichzeitig zeigen sich immer deutlicher Symptome einer wachsenden Distanz zwischen Regierenden und Regierten. Diese Entfremdung ist beidseitig: Immer mehr Menschen sind unzufrieden, weil Politik aus ihrer Sicht zu viel, zu wenig oder nicht das Richtige tut. Gleichzeitig fällt es auch politischen Parteien zunehmend schwer, mit politischem Handeln Resonanz in Form veränderter Wahlprognosen zu erzeugen.

Der Beitrag zeigt: Weitreichende Veränderungen erfordern jedoch nicht nur gesellschaftliche Akzeptanz, sondern auch das „langsame Bohren harter Bretter“ innerhalb des politischen Prozesses. Hier braucht es nach wie vor politisch orientierte Organisationen als zentrale Bindeglieder. Wenn gesellschaftliche Politisierung zwar zunimmt, dies jedoch vor allem außerhalb der klassischen (zivilgesellschaftlichen) Strukturen von Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und Verbänden, besteht eine Gefahr: in einem gefährlichen Wechselspiel aus Mobilisierung und der Enttäuschung über deren Folgenlosigkeit könnte sich eine zunehmende Distanz zwischen den Mitgestaltungswünschen politisierter Bürger*innen und dem politischen Entscheidungsprozess manifestieren.

Autorin Helen Sharp betont, dass es daher insbesondere auf die (Neu-)Konfiguration der Schnittstelle von Politik und organisierter Zivilgesellschaft ankommen wird: Kollektive Verbindlichkeit für grundlegende Strukturveränderungen braucht demnach mehr denn je eine starke Struktur gesellschaftlicher Interessenvermittlung. Es sind noch immer auch die Gewerkschaften, die Sozial-, Wohlfahrts- und Umweltverbände, die nicht nur das Potenzial, sondern auch die Verantwortung haben, soziale Bindungskraft in der Breite der Gesellschaft anzubieten und gleichzeitig individuelle Mitgestaltungswünsche über innerorganisationale Prozesse in den politischen Entscheidungsprozess einzubringen.

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