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„Ökonomie(n) mit Zukunft“: Buchvorstellung mit Reinhard Loske und Harald Welzer

Vorherrschende ökonomische Theorien sind natur-, gesellschafts- und geschichtsvergessen, kritisiert der Volkswirt und Nachhaltigkeitsforscher Reinhard Loske. In seinem aktuellen Buch Ökonomie(n) mit Zukunft. Jenseits der Wachstumsillusion“ skizziert der renommierte Umweltökonom, wie die Wirtschaft ökologischen Krisen gerecht werden könnte. Loske ist Vorstandsmitglied des IÖW und diskutierte dort am 16. Oktober 2023 mit dem Publizisten Harald Welzer, dem IÖW-Geschäftsführer Thomas Korbun und mit dem Publikum über die Thesen seines Buchs.

Volkswirtschaftslehre und Politik halten zu einseitig an Paradigmen wie Effizienz, Wettbewerb, Kosten-Nutzen-Fixierung und quantitativem Wachstum fest, sagt Loske und zeigt an einem Beispiel, dass dabei die Rechnung ohne den Wirt gemacht wird: „Wenn die Erderhitzung die 1,5°C-Schwelle erreicht, geht ein Großteil der Ökosystemleistungen von Korallenriffen verloren: 2,7 Billionen US $. Solche Zahlen finden sich bisher in keiner wirtschaftlichen Gesamtbilanz.“

Ansätze für zukunftsfähige Ökonomien gibt es schon heute

Alternative Konzepte wie die ökologische Ökonomik, die Gemeinwohlökonomie und die solidarische Ökonomie verdeutlichen, dass Wohlstand mit Fairness, Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit zusammengehen kann. Welche Lösungen bereits auf dem Tisch liegen, zeigt auch die Forschung am IÖW, etwa zu alternativen Wirtschaftsmodellen aus der Zivilgesellschaft wie Genossenschaften, die sozial- statt einseitig profitorientiert sind. „Ökologische Wirtschaftsforschung bedeutet auch, Wachstum zu hinterfragen und die Vorsorge- sowie Resilienzleistung von Ökonomien mitzudenken. Ein Wirtschaften, das auf das Ende der verfügbaren Ressourcen und Senken zusteuert, erfordert ein fundamentales Umdenken. Hierzu gibt das Buch, Ökonomie(n) mit Zukunft’ ermutigende Anstöße“, so Thomas Korbun.

Statt diese Ansätze voranzutreiben, halte sich im Bundeskanzleramt noch immer der Glaubenssatz „Ohne Wachstum ist alles nichts”, den Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel prägte, so Loske. Er kritisiert dieses Dogma und weist darauf hin, dass auch Konzepte wie das Grüne Wachstum wesentlich zu kurz springen, um innerhalb der planetaren Grenzen zu bleiben. Neue Ökonomien müssten daher in die Gesellschaft integriert werden ohne übertriebenes Wettbewerbsdenken, gesellschaftliche Ungleichheit und Naturzerstörung fortzuführen. Denn sonst „entzieht uns die Natur ihre Gratisleistungen“, sagt Loske mit Blick auf die Grenzen des Wirtschaftswachstums.

Harald Welzer betont Gerechtigkeitsfragen

„Bücher von Reinhard Loske überzeugen durch ihre Handlungsorientierung“, lobt Harald Welzer, Bestsellerautor und Direktor der Stiftung futurzwei. In seinem Kommentar zum Buch betont der Soziologe und Sozialpsychologe: Für ein ökologisches Umdenken müsse der „Kultur der Steigerung“ etwas entgegensetzt werden, etwa persönliche Ansprache und mehr „Schönheit, Beziehung und Verbindlichkeit“. Vor diesem Hintergrund gibt er zu Bedenken, ob die Nachhaltigkeitsbewegung und -debatte sich wirklich mit den richtigen Dingen beschäftige. Dabei verweist er auf Hartmut Rosas Theorien zur Fähigkeit der Resonanz als Möglichkeit einer veränderten Perspektive auf Transformationsgeschehen und kulturelle Prozesse. Um auch das Publikum in die Diskussion einzubeziehen, wirft er eine der wichtigsten Fragen auf, vor der die Gesellschaft aktuell steht: „Wie können wir die soziale Frage befrieden und zugleich Frieden mit der Natur schließen?“ Mehrere Teilnehmer*innen betonen: Neue Ökonomien erfordern eine gerechte Transformation und Mut zum Experimentieren.

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Weitere Informationen:

Reinhard Loske (2023): Ökonomie(n) mit Zukunft. Jenseits der Wachstumsillusion. (NATUR+TEXT, 19,00 €) 

Mehr zum Autor: www.loske.de

Für die Gestaltung einer zukunftsfähigen Ökonomie schlägt das IÖW den Ansatz einer vorsorgeorientierten Postwachstumsposition vor.

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