Wachstum – das ist nach wie vor die vorherrschende Zielvorstellung modernen Wirtschaftens. Seit dem starken und lang anhaltenden Wachstumsschwung in der europäischen Nachkriegszeit gilt Unternehmenswachstum in den westlichen Gesellschaften als Normalfall. Die Unternehmen selbst sind dabei sowohl Treiber als auch Getriebene der Wachstumserwartungen. Doch ökologisch-ökonomische Knappheiten und Krisen nehmen zu, die Wirtschaft stößt an die inhärenten Grenzen des Wachstums. Gebraucht werden alternative Entwicklungsorientierungen und Strategie- und Handlungsoptionen, die unabhängig sind vom Wachstum.
Die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatten um volkswirtschaftliche Wachstumsbegrenzungen und Postwachstumsgesellschaften weisen hier allerdings eine Leerstelle auf. Auch wissen wir nur wenig darüber, wie ein Unternehmen, das sich nicht vordergründig an betriebswirtschaftlichen Kenngrößen wie Umsatz, Gewinn oder Mitarbeiterzahl ausrichtet, erfolgreich gesteuert werden kann. Dies stellt nicht nur eine Hürde für die Akzeptanz und Verbreitung von alternativen Wachstums-und Entwicklungsvorstellungen dar. Unternehmer*innen lernen auch nicht, Risiken von zu starkem Unternehmenswachstum frühzeitig zu erkennen, sich (vermeintlichen oder realen) Wachstumszwängen zu entziehen und stattdessen qualitative Entwicklungsvorstellungen zu formulieren. Die Folge: Unternehmen stellen sich nicht auf stagnierende oder schrumpfende Märkte, ökologische Knappheiten und Krisen oder einschneidende demografische Entwicklungen ein und können ihnen damit auch nicht gestaltend begegnen.
Um hier neue Wege zu erkunden und aufzuzeigen, richtete das Projekt „Postwachstumspioniere“ den Blick auf kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die sich bereits an alternativen Zielgrößen ausrichten. Dies können Größen wie die Prozess-und Produktqualität, die Ressourceneffizienz oder die Lebens- und Arbeitsqualität sein. Anhand von Unternehmensfallstudien untersuchte das Projektteam, inwieweit diese Strategien für mehr qualitatives, inneres Wachstum auch für andere Unternehmen nutzbar sein können. Die empirische Basis wurde durch eine breit angelegte Befragung von KMU ergänzt. Sie zeigte, welche Gründungsmotive, Entwicklungsziele und Erfolgskennzahlen KMU verfolgen, ob und wie stark die Unternehmen wachsen wollen und welche Rolle quantitative und qualitative Wachstumsvorstellungen dabei spielen. Die Ergebnisse der Fallstudien und der Breitenbefragung wurden in Artikeln und Broschüren aufbereitet sowie auf Tagungen und in Workshops diskutiert.
Die vielfältigen Kommunikationsaktivitäten sollten die Diskussionen rund um die Rolle von Unternehmen in der Postwachstumsgesellschaft anschieben. Adressat*innen waren neben Akteuren aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft vor allem Vertreter*innen von Unternehmen und Unternehmensverbänden. Mit ihnen wurden Möglichkeiten diskutiert, wie sie mit Wachstumsgrenzen umgehen und wie die derzeit verengten Vorstellungen von Unternehmenserfolg zugunsten vielfältiger alternativer Entwicklungsperspektiven aufgebrochen werden können.
Laufzeit: September 2013 - April 2015
Gefördert durch: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück
Kooperationspartner: Brandenburgische Technische Universität Cottbus - Senftenberg
Bearbeitet von: Jana Gebauer (Projektleitung IÖW), Dr. Christian Dietsche, Richard Harnisch, Thomas Korbun, Heike Mewes, Dr. Eugen Pissarskoi
Eine Onlinebefragung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) zum Thema Wachstum ergab: Für die Mehrheit der befragten Unternehmen steht die Frage, wie sie Umsätze oder Mitarbeiterzahlen steigern können, nicht im Mittelpunkt.
Die IÖW-Studie „Wachstumsneutrale Unternehmen“ richtet den Blick auf die Unternehmensebene, um Wege zu erkunden und aufzuzeigen, wie dort mit ökologischen und volkswirtschaftlichen Wachstumsbegrenzungen umgegangen werden kann.