Kies, Sand, Ton und Gips sind für die Baubranche unverzichtbar, doch ihr Abbau verändert Ökosysteme oft irreversibel. Die gute Nachricht: In den Abbaustätten entstehen – wenn man es zulässt – neue Lebensräume für seltene Arten. Wie kann ein erfolgreiches Biodiversitätsmanagement in den Unternehmen aussehen? Im Projekt GiBBS, das vom Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördert wird, richtet das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) drei Branchendialoge aus, um praktikable und wirksame Ansätze herauszuarbeiten. Im Fokus des zweiten Branchendialogs am 21. November 2023 standen konkrete Herausforderungen für den Artenschutz im aktiven Abbau.
2020 wurden in Deutschland rund 565 Millionen Tonnen mineralische Baurohstoffe abgebaut. Damit hat Deutschland laut Bundeswirtschaftsministerium mehr als 80 Prozent seines Bedarfs an mineralischen Rohstoffen aus heimischen Quellen gedeckt. In diesen Abbaustätten stärker auf Biodiversität zu achten, wäre ein wichtiger Beitrag für eine nachhaltigere Bauwirtschaft.
Lebensraum für Schwalben, Unken & Co.
„Abbaustätten können ökologische Nischen für Vögel wie die Uferschwalbe oder Amphibien wie die Gelbbauchunke bieten. Doch viele Unternehmen betreiben eine sogenannte Verhinderungspflege, damit sich seltene Arten gar nicht erst ansiedeln. Sie befürchten, dass sie ihre Arbeit wegen Artenschutzvorgaben unterbrechen müssten“, erklärt Unternehmensforscherin Anneli Heinrich vom IÖW, die das Projekt GiBBS (Ganzheitliches Biodiversitätsmanagement in der Baustoffindustrie) leitet. „Im Dialog mit Branchenverbänden, Naturschutzbehörden und NGOs zeigt sich eine große Bereitschaft, an gemeinsamen Lösungen für mehr Biodiversität zu arbeiten.“
Erster Schritt zu Lösungsansätzen: einander zuhören und verstehen
Gut 30 Akteure aus Wirtschaft, Umweltverbänden, Naturschutzbehörden und Wissenschaft nahmen am zweiten Branchendialog des Projekts GiBBS teil. Viele von ihnen hatten sich bereits bei der Auftaktveranstaltung am 6. Februar 2023 kennengelernt.
Die Teilnehmenden trugen Anforderungen und Erfolgsfaktoren zu den Themen Biodiversitätsmaßnahmen und Monitorings zusammen und tauschten sich zu einigen Aspekten des Biodiversitätsmanagements aus. Diskutiert wurde etwa, wie eine Berichterstattung über Biodiversität im täglichen Betrieb zu leisten ist und wie die Unternehmen Ziele sowie Verantwortlichkeiten managen können. „Uns war es wichtig, das gegenseitige Verständnis – vor allem zu konkreten Herausforderungen der Betriebe – weiter zu vertiefen. Das ist die Grundlage, um beim dritten Branchendialog im Frühjahr 2024 gute Lösungen zu erarbeiten“, so Projektleiterin Anneli Heinrich.
Monitorings in sieben Unternehmen
Ergänzend zu den Branchendialogen besuchte das GiBBS-Team zwölf Abbaustätten von insgesamt sieben Unternehmen in Deutschland. Wie ist es um die Biodiversität in den Abbaustätten bestellt? Und wie können Unternehmen die Entwicklung der Artenvielfalt zuverlässig überprüfen? Um das herauszufinden, führten Expert*innen der Universität Münster (UM) und des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) Monitorings durch. Ehrenamtliche Naturbeobachter*innen begleiteten die Forschenden – ein Citizen-Science-Projekt, das der Naturschutzbund Deutschland (NABU) koordinierte.
„Die Ehrenamtlichen haben viele Stunden in den Abbaustätten verbracht und Arten erfasst. Das ermöglicht ein neues Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmen und Bürger*innen“, lobt Anneli Heinrich. Aktuell werden die Monitorings ausgewertet und verglichen. Die Ergebnisse sollen auch in den dritten Branchendialog einfließen.
Wenn die Erhebungen abgeschlossen sind, wird das Projekt ein Konzept für ein systematisches Monitoring erarbeiten und Empfehlungen für die Umsetzung eines ganzheitlichen Biodiversitätsmanagements inklusive biodiversitätsfördernden Maßnahmen formulieren.
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