Berlin, 16.11.2009 - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer aufgefordert, die laufenden Maßnahmen zur Vertiefung der Fahrrinne an der Mittelelbe, den Bau des Saale-Elbe-Kanals und Planungen für eine Donau-Staustufe zwischen Straubing und Vilshofen zu stoppen. Eine Fortsetzung dieser Projekte widerspreche dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag, in dem sich die Regierungsparteien auf den Schutz von Flussauen und Flusstälern verständigt hätten. Das Vorhaben der Koalition, der Wasserstraßenverwaltung neue Aufgaben beim Auenschutz und bei der ökologischen Hochwasservorsorge zu übertragen, wurde vom BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger begrüßt. Aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit der Elb-Schifffahrt müssten vor allem in diesem Bereich die Verwaltungskapazitäten umgeschichtet werden.
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) kommt in einer Untersuchung der Wirtschaftlichkeit von Baumaßnahmen an Elbe und Saale zu dem Schluss, dass sich die Elbschifffahrt aufgrund des Klimawandels immer weniger rechne. Das Fazit der vom BUND unter dem Titel "Binnenschifffahrt auf Elbe und Saale - Strombaumaßnahmen in der Diskussion" herausgegebenen Wirtschaftlichkeitsanalyse ist eindeutig: Die zunehmende Klimaerwärmung stellt den Schiffsverkehr auf der Elbe generell in Frage und macht damit sowohl Maßnahmen zur Elbvertiefung als auch den Bau eines Saale-Elbe-Kanals obsolet. "Die Elbe ist eine hoch subventionierte Bundeswasserstraße ohne nennenswerten Verkehr", sagte Ulrich Petschow, Forschungsleiter Umweltökonomie am IÖW.
"Niemand kann für Binnenschiffe auf der Elbe dauerhaft stabile Fahrrinnentiefen an ausreichend vielen Tagen im Jahr garantieren. Das bedeutet auch, dass bisherige Annahmen über ein sehr positives Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Ausbaumaßnahmen vom Anfang der 90er Jahre nicht mehr haltbar sind. Die Schiffe werden dort nicht fahren, weil die Elbe an den meisten Tagen im Jahr zuwenig Wasser führt", sagte Petschow. Durch den Klimawandel verursachte Trockenzeiten würden regelmäßig zu kritischen Pegelständen auch weit unterhalb der notwendigen 1,60-Meter-Marke führen. Das Vorhaben, mit den Ausbaumaßnahmen an der Elbe nahezu ganzjährig eine Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter zu garantieren, müsse deshalb aufgegeben werden, so Petschow.
Das Güterverkehrsaufkommen in der mittleren Elbregion sei vergleichsweise gering und ein Transport per Bahn hier wesentlich umweltfreundlicher. Wegen der eingeschränkten Wasserverfügbarkeit und der dadurch begrenzten Abladetiefe sei die Wirtschaftlichkeit von Transporten per Binnenschiff in dieser Region generell in Frage gestellt. Da die Binnenschifffahrt nur noch sechs Prozent des Güterverkehrs in Deutschland abwickle, und dies vorrangig auf dem Rhein stattfinde, sei im Falle der Elbe auch mit sehr hohen Investitionssummen kein wesentlicher Güter-Verlagerungseffekt weg von der Straße zu erreichen. Die Binnenschifffahrt habe nur dort Vorteile, wo Industrie- und Agglomerationszentren mit Gütern versorgt würden und dementsprechend große Gütermengen transportiert werden müssten, sagte Petschow. Wegen erhöhter Schadstoffemissionen sei auch eine Verlagerung der Güter von der Bahn auf das Binnenschiff kontraproduktiv. Das Argument der "umweltfreundlichen Binnenschiffe" werde im Elberaum noch fragwürdiger, wenn man die Schäden an Natur und Landschaft, an wertvollen Feuchtgebieten und Auen berücksichtige.
"Von einem Ausbau von Elbe und Donau gehen extreme Gefährdungen für empfindliche Flussbiotope und viele bedrohte Tiere und Pflanzen aus", sagte der BUND-Vorsitzende Weiger. Der für die Baumaßnahmen zuständigen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sollten deshalb neue Aufgaben im Umwelt- und Hochwasserschutz übertragen werden. Weiger forderte Ramsauer zu einer grundlegenden Umstrukturierung der Verwaltung auf: "Wenn es pro Elb-Schiffer mehr als zehn Schifffahrtszuständige gibt, steht die neue Koalition vor der Aufgabe, in diesem Bereich eine tatsächlich überflüssige Bürokratie abzubauen."
Die BUND-Studie „Binnenschifffahrt auf Elbe und Saale - Strombaumaßnahmen in der Diskussion“ zum Download
Pressekontakt: Stephan Gunkel, BUND-Experte für Gewässerpolitik, Tel. 030-27586-465 bzw. Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressestelle, Tel. 030-27586-425/-464, Fax: -440, E-Mail: presse(at)bund.net; www.bund.net