Viele landwirtschaftliche Betriebe und der deutsche Agrarsektor insgesamt stehen vor der Herausforderung, ihre Energieversorgung und Emissionen mittel- und langfristig mit den Energie- und Klimazielen in Einklang zu bringen. Seit Jahren befinden sich die Emissionen und Energieverbräuche des Agrarsektors aber auf einem anhaltend hohen Niveau. Gleichzeitig droht die deutsche Energiewirtschaft ein zentrales Sektorziel zu verfehlen: Der aktuelle Zubau von Windkraft, Biogas und Photovoltaik liegt unterhalb der anvisierten Ausbaukorridore und ist zu gering, um bis 2030 den geplanten Anteil erneuerbarer Stromerzeugung von 65 Prozent am Bruttostromverbrauch zu erreichen. Beide Entwicklungen gefährden die ökologischen Zielstellungen der Energiewende und das Ziel der Klimaneutralität.
Eine integrierte Perspektive auf die Sektoren Land- und Energiewirtschaft kann neue Räume zur Erreichung der Ziele öffnen. Ermöglicht wird dies durch innovative Technologien und Konzepte wie Agri-Photovoltaik oder Pflanzenkohle oder auch weitere Ansätze wie landwirtschaftliche Elektromobilität, Flexibilisierung der Stromnachfrage oder Agroforstsysteme. Solche Ansätze an der Schnittstelle zwischen Land- und Energiewirtschaft ermöglichen es, erneuerbare Ausbaupotenziale zu erhöhen, landwirtschaftliche Produktionssysteme zu verbessern sowie Energieverbräuche und Emissionen zu senken.
Ziel des Projekts Landgewinn ist es, den deutschen Landwirtschaftssektor in Interaktion mit anderen Sektoren im Energiesystem erstmals umfassend systemanalytisch zu bewerten. Das Projekt quantifiziert das Dekarbonisierungspotenzial im Landwirtschaftssektor und bewertet die Kopplungseffekte und Interaktion zwischen den Sektoren der Land- und Energiewirtschaft sowie des Industriesektors. Zudem sollen relevante neue Klimaschutztechnologien identifiziert und ganzheitlich bewertet werden, die in der Praxis und der Literatur bisher noch nicht hinreichend mit Blick auf ihr Dekarbonisierungs- und Anwendungspotenzial in der Landwirtschaft untersucht wurden.
Das IÖW untersucht in dem Vorhaben die Frage, inwiefern und unter welchen Rahmenbedingungen ausgewählte Dekarbonisierungstechnologien an der Schnittstelle von Land- und Energiewirtschaft ökonomisch und ökologisch machbar und sinnvoll sind. Die Analysen zu regionalen Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten, Ökobilanzierungen und der sozialwissenschaftliche Zugang über einen fachlichen Stakeholder-Prozess sollen für Land- und Energiewirtschaft Orientierungswissen zu den Technologien generieren.