Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung und die Technische Universität Berlin untersuchten im Projekt PeerInnovation, wie Menschen in ihrer Freizeit und ohne Bezahlung gemeinsam an innovativen Lösungen für Probleme der Nachhaltigkeit zusammenarbeiten und die Ergebnisse ihres Schaffens mit anderen teilen. Freiwillige und auf reinem Eigeninteresse beruhende Aktivitäten sogenannter Nutzer-Innovatoren leisten wichtige Impulse für die Entstehung neuer Produkte und technischer Verfahren. Innovationsforscher*innen haben etwa gezeigt, dass wichtige Neuerungen im Freizeitsportbereich, wie etwa beim Skateboarding, Kayaking oder Mountain Biking nicht durch kommerzielle Hersteller entwickelt wurden, sondern durch die aktiven Sportler*innen selbst. Besonders interessante Innovationen entstehen, wenn sich viele Interessierte zusammenschließen, um gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Bekannte Beispiele sind das Linux-Betriebssystem, Wikipedia, OpenStreetMaps, die Landmaschinen der Open-Source-Ecology oder die 3D-Drucker der RepRap-Community. Heutzutage erleichtern Internetplattformen diesen Akteuren, miteinander in Austausch zu treten, ihr Wissen niedrigschwellig mit anderen zu teilen und auch größere gemeinsame Innovationsprojekte innerhalb dezentral organisierter Netzwerke arbeitsteilig anzugehen.
Im Zuge der Digitalisierung wird es also interessant, auch die Innovationsaktivitäten im Haushaltssektor (houshold sector innovation) statistisch zu erfassen. Amateur*innen im Haushaltssektor widmen sich vermehrt der Aneignung, Erprobung und Weiterentwicklung neuen Wissens und teilen ihre Erkenntnisse mit anderen. Wie solche „freien Innovationen“ (free innovations) entstehen, wer sich daran beteiligt und wodurch sie gelingen, war bisher kaum erforscht. Hier setzte das Projekt PeerInnovation an, denn darin liegen große Potenziale für die Entstehung nachhaltiger, frugaler und konvivialer Technologien. Beispielsweise unterstützt der OpenEnergyMonitor bei der Überwachung des Energieverbrauchs zuhause, über die Plattform WikiFactory werden Konstruktionspläne für Fahrradwohnwagen geteilt und das WikiHouse-Projekt erleichtert modulares und nachhaltiges Bauen.
PeerInnovation untersuchte in den drei Handlungsfeldern Energie, Verkehr und Stadtentwicklung die Beiträge von Nutzer-Communities zu Innovation und Nachhaltigkeit. Interviews, Fokusgruppen und Soziale Netzwerkanalysen halfen, Akteure und Innovationsprojekte zu kartieren und relevante Interaktionsplattformen zu identifizieren. Die digitalen Foren der User wurden als Datenquelle für netnografische Analysen erschlossen. Auf Grundlage der Erfahrungen in den Handlungsfeldern wurden Instrumente zur empirischen Erfassung von Haushaltsinnovationen weiterentwickelt. Die Erkenntnisse zur Entstehung, Dynamik und den Erfolgsbedingungen der Zusammenarbeit wurden in Praxisleitfäden für Wirtschaftakteure und Zivilgesellschaft aufgearbeitet und in innovationspolitische Handlungsempfehlungen überführt.
Wie kann man Innovationsaktivitäten innerhalb von Peer-Netzwerken erkennen und analysieren? Die Forschenden entwickelten hierfür eine Open-Source-Toolbox, die mit Hilfe von Code Online-Foren auswerten kann. Aus den Interaktionsnetzwerken verschiedener Peer-Communities wurden im ersten Schritt Indikatoren berechnet, die dann auf ihre Eignung zur Bestimmung von Innovationsaktivitäten überprüft wurden. Geeignete Indikatoren wurden dann auf den Gesamtdatensatz angewendet, um das Vorkommen von Innovationsaktivitäten in den Peer-Communities abzuschätzen.
Die digitale Toolbox PICI steht auf GitHub zur Verfügung und kann für eigene Forschungsprojekte angepasst werden. Wie sie funktioniert, erklärt diese interaktive Infografik.